Wenn du Rembrandts Kunst verstehen willst, dann hilft ein Vergleich seiner Werke mit denen seiner Zeitgenossen.
In den folgenden Posts werden wir Rembrandts Werke denen folgender Kollegen gegenüber stellen:
- Caravaggio, Erneuerer der Kunst und „Erfinder“ der Barockmalerei.
- Peter Paul Rubens, großes Vorbild, großer Konkurrent, einer der erfolgreichsten Maler aller Zeiten.
- Artemisia Gentileschi, der weibliche Blick, eine der wenigen Frauen, die sich im 17. Jahrhundert mit ihrer Malerei durchsetzen konnte.
Aber zunächst eine kurze Bio zu jedem der Künstler
Rembrandt

Rembrandt wurde am 15. Juli 1606 in Leiden geboren. Sein Vater war Müller, seine Mutter stammte aus einer katholischen Bäckersfamilie. Er besuchte die örtliche Lateinschule und schrieb sich im Alter von 14 Jahren an der Universität zu Leiden für das Fach Literatur ein. Das Studium brach er jedoch nach so kurzer Zeit ab, dass nicht einmal bekannt ist, ob er überhaupt eine Vorlesung besucht hat. Mit Zustimmung seiner Familie trat er eine Lehre zum Kunstmaler bei Jacob Isaacsz. van Swanenburgh in Leiden an. Ab 1624 schloss sich noch eine sechsmonatige Lehrzeit bei Pieter Lastmann in Amsterdam an, von dem er in der Historienmalerei ausgebildet wurde.
Rembrandts Stil unterscheidet sich von dem der italienischen Barockmaler durch eine unscharfe Konturenführung, die er häufig durch das Zerkratzen der Farbe mit dem Pinselstiel erreichte, ganz im Gegensatz zu den scharf abgegrenzten Konturen, die der italienische Barock von der Renaissance übernommen hatte.
Er verwendet bevorzugt braune, erdige Farbtöne, im Gegensatz zu den klaren, bunteren Farben der Italiener. Der Unterschied erinnert an van Goghs niederländische im Gegensatz zu seiner französischen Periode.
Anders als Rubens war Rembrandt niemals in Italien gewesen. Sehr zum Bedauern seines Förderers Constantijn Huygens, der davon überzeugt war, dass der junge Leidener davon enorm profitiert hätte. Der Stil Rembrandts ist aber wohl gerade dadurch gekennzeichnet, dass ihm die intensive Begegnung mit dem Licht und der Malerei Italiens fehlten. Trotzdem war er von Caravaggio beeinflusst, dessen Werk er möglicherweise in Form von Kopien kennen gelernt hatte. Schon sein Selbstbildnis von 1628 – 29 zeigt die eigenwillige und innovative Verwendung der Chiaroscuro-Technik (starker Kontrast zwischen Licht und Schatten).
Caravaggio

Michael Angelo Merisi wurde am 29. September 1571 in Mailand geboren. Später nannte er sich nach dem Heimatort seiner Familie Caravaggio. Sein Vater war Maurermeister, aus heutiger Sicht möglicherweise ein Bauunternehmer. Seine Mutter Lucia Aratori stammte aus einer Familie von Landbesitzern mit guten Verbindungen zu Francesco Sforza, dem Herrn von Caravaggio.
Ab 1584 ging Caravaggio in Mailand bei dem renommierten Maler Simone Peterzano in die Lehre. Über die Jugend des Künstlers ist allerdings so gut wie nichts bekannt, auch kein Werk ist aus dieser Periode überliefert. Möglicherweise wurde Caravaggio von Constanza Sforza Colonna gefördert, der Gattin des Francesco Sforza.
Vermutlich im Jahr 1592 zog Caravaggo nach Rom. Er wohnte in einem ärmlichen Viertel und arbeitete zunächst als Kopist, unter anderem im Atelier des nur wenig älteren Malers Cavaliere d’Arpino. Zu der Zeit begann er eigene Stücke zu malen, mit denen er Aufsehen erregt. Seine Besonderheit war die realistische Darstellung von Personen, seine Modelle fand er in dem Viertel, in dem er lebte. Nicht selten waren es ungebildete, abenteuerliche Menschen, frühreif oder verlebt, von einer morbiden Schönheit.
Sein eigenes Leben war wild und unstet. Häufig scheint er in Streit und Händel geraten zu sein. Seine Wohnungen und Bekanntschaften wechselten schnell.
Eine Konstante in seinem Leben blieb die Familie der Marchesa Constanza, die ihn zeit seines Lebens protegierte. Die Colonnas gehörten zu den ältesten und mächtigsten Familen der ewigen Stadt.
Caravaggio war bereits zu Lebzeiten erfolgreich. Aber er lebte verschwenderisch, heiratete nie, gründete keine Werkstatt und nahm keine Schüler auf. Trotz der Unstetigkeit, die sein Leben prägte, erneuerte er die Malerei seiner Zeit. Neben der realistischen Darstellung des Menschen geht insbesondere das Stilmittel des Chiaroscuro auf ihn zurück. Dabei werden die dargestellten Szenen durch eine extreme Licht- und Schattenführung dramatisiert und ihre räumliche Wirkung wird gesteigert. Viele Maler, unter anderem auch Rembrandt, haben sich von Caravaggio inspirieren lassen und obwohl er keine Schüler hatte, sprach man doch im 17. Jahrhundert in Europa von Caravaggisten, Malern, die sich stilistisch an ihm orientierten.
Anders als berühmte Malerkollegen fand Caravaggio keinen zeitgenössischen Biographen, der zu seinem Ruhm schrieb. Er wurde zwar erwähnt, meist aber kritisch. Er starb schliesslich mit nur 38 Jahren bei Porto Ercole auf seinem Weg nach Rom. Über die genauen Umstände seines Todes ist nichts bekannt. Trotz seines Einflusses war sein eigenes Werk verstreut und kaum dokumentiert. So geriet es in Vergessenheit und wurde erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt.
Peter Paul Rubens

Peter Paul Rubens wurde am 28. Juni 1577 in Siegen geboren. Sein Vater, der Rechtsanwalt Jan Rubens, beriet Anna von Sachsen, die Frau Wilhelm von Oraniens, des Statthalters der nördlichen Provinzen. Seine Mutter war Maria Pypelincks, die aus einer gut situierten Familie stammte, die im Tapisseriehandel tätig war. Nach dem Besuch der Lateinschule ging der begabte Peter Paul bei verschiedenen Malern in die Lehre und liess sich 1598 in Antwerpen als Maler nieder. Er war umfassend gebildet, nicht nur ein Maler, sondern ein Intellektueller, der zudem aufgrund seines familiären Hintergrundes recht gut vernetzt war.
Von 1600 bis 1608 hielt Rubens sich in Italien und Spanien auf, wo er in Kontakt mit den herrschenden Kreisen kam und diplomatische Aufgaben wahrnahm. 1630 vermittelte er den Friedensschluss zwischen England und Spanien. Sein eigentliches Interesse galt aber immer der Malerei und er war diszipliniert genug, neben seinen sonstigen Verpflichtungen die Kunstwerke der Antike, der Renaissance und des Barocks da zu studieren und zu kopieren, wo es ihn gerade hin verschlagen hatte. Als er starb, hinterliess er ein Vermögen in Höhe von unglaublichen einer Millionen Gulden (ein wohlhabender holländischer Großkaufmann verdiente 1630 etwa 3.000 Gulden pro Jahr).
Der Stil Rubens’ ist einerseits stark von der italienischen Renaissance beeinflusst, gerade hinsichtlich seiner Farben, Linienführung und Bildkomposition. Andererseits wich er bei der Darstellung des menschlichen Körpers von den klassischen Proportionen ab. Seine „rubenshaften“ Frauenfiguren sind sprichwörtlich.
Massgeblichen Einfluss auf seine Arbeit hatte zudem Caravaggio, von dem er die grellen Kontraste von Licht und Schatten (Chiaroscuro) übernahm.
Obwohl selber Calvinist wurde er zu einem der bedeutendsten Maler des habsburgischen Reiches und damit der Gegenreformation. Rembrandts Mentor Konstantijn Huygens verehrte ihn und versuchte, ihn als Maler für das Haus von Oranien zu gewinnen, was aber misslang.
Artemisia Gentileschi

Artemisia Gentileschi ist eine der wenigen bedeutenden weiblichen Figuren in der Kunst des Barock. Sie wurde 1593 in Rom geboren, ihr Vater war der Maler Orazio Gentileschi, der mit zahlreiche römischen Malern seiner Zeit, darunter auch Caravaggio, gut bekannt oder befreundet war. Die Mutter starb, als Artemisia 12 Jahre alt war. Bereits in frühem Alter wurde sie von ihrem Vater unterrichtet. Mit siebzehn schuf sie „Susanna im Bade“ (1610. Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Schönbornsche Kunstsammlung). Vom Stil her eher konventionell, stellte sie hier bereits ihr besonderes Talent unter Beweis.
Vermutlich im Jahre 1611 ermöglichte ihr der Vater eine Lehre bei Agostino Tassi, der auf Architekturmalerei spezialisiert war. Dieser „Freund der Familie“ bedrängte und vergewaltigte die junge Frau. Sehr ungewöhnlich für die Zeit, wollte Orazio das nicht hinnehmen und verklagte Tassi im Jahr 1612. Die entehrte Artemisia sagte auch unter Folter gegen ihren Vergewaltiger aus – ein damals übliches Verfahren der Wahrheitsfindung, dem sich auch der Angeklagte unterziehen musste. Obwohl aus den Gerichtsakten nicht ersichtlich ist, ob Tassi außer einer achtmonatigen Untersuchungshaft auch bestraft wurde, so ist doch offensichtlich, dass die Richter damals der Frau geglaubt haben.
In engem zeitlichen Zusammenhang mit diesen Ereignissen malte Artemisia „Lucretia“ (1611 ca. Genua, Palazzo Cattaneo-Adorno) und „Judith enthauptet Holofernes“ (1612 – 1613. Neapel, Museo di Capodimonte). Es liegt nahe, ihre Gestaltung dieser Motive mit ihrer persönlichen Situation in Verbindung zu bringen. Während ihre „Lucretia“ von der Lichtführung her noch überwiegend konventionell wirkt, sind Körper und Gesicht nicht idealisiert. In ihrer „Judith“ wendet sie dann die Chiaroscuro-Technik an und legt damit die Betonung vor allem auf die brutale Arbeit von Händen und Armen.
Alle Posts:
Rembrandt – eine Einführung
Das Emmaus-Mahl
Samson und Delilah
Lucretia
Susanna im Bade
Bei der Recherche habe ich mich auf folgende Quellen gestützt:
- Dash, Mike, „Tulpenwahn. Die verrückteste Spekulation der Geschichte“, 1999, München: Verlagshaus Goethestraße.
- Garrard, Mary D., „Artemisia Gentileschi“, 1989, Princeton: Princeton University Press.
- Livius, Titus, „Römische Geschichte“, 1987, München: Artemis-Verlag
- Schama, Simon, „Rembrandts Augen“, 2000, Berlin: Siedler Verlag.
- Schütze, Sebastian, „Caravaggio – Das vollständige Werk“, 2009, Köln: Taschen Verlag.
- Stellen aus der Bibel werden zitiert nach www.bibleserver.com
Weitere Daten und alle Bilder wurden aus der deutschen Wikipedia übernommen.
2 Gedanken zu “Rembrandt & Consorten”