Die Küche meiner Mutter war die bürgerliche Küche der 50er und 60er Jahre – damals war ein regelmäßiges Mittagessen mit frischen Zutaten neben der elterlichen Liebe eine der wichtigsten Erziehungsmassnahmen überhaupt.
So haben wir als Kinder die Freuden von Regelmäßigkeit und Regeln schätzen gelernt. Was naturgemäss deutlich leichter fällt, wenn du dich auf das freust, was dann auf den Teller kommt.
Mehr über meine Mutter
Wo meine Mutter kochen gelernt hat, weiss ich nicht ganz genau. Ich nehme an, sie hatte einiges von ihrer Mutter, einiges aus dem Hauswirtschaftuntericht und einiges aus Kochbüchern. Jedenfalls hat sie die Rezepte, die sie sich irgendwie angeeignet hatte, im Laufe der Jahre immer weiter verbessert. In ihrer Küche war sie kreativ.
Sie wurde im Jahr 1924 geboren und wuchs in einer zunächst wohlhabenden Familie auf. Ihr Vater war ein erfolgreicher Architekt und Bauunternehmer. Leider verlor er nach der Wirtschaftskrise Anfang der dreissiger Jahre sein Unternehmen und sein gesamtes Vermögen. Die Familie war nun arm und gerade, als es so aussah, als könnte mein Opa geschäftlich wieder auf die Beine kommen, starb er.
Vom Mädchen aus gutem Hause zur armen Verwandten – so muss sich das für sie angefühlt haben. Aus Frust begann sie zu essen und wurde pummelig.
Dann lernte sie einen netten jungen Mann kennen, der um sie warb. Leider musste er in den Krieg ziehen, galt als verschollen, tauchte in einem sibirischen Gefangenenlager wieder auf und durfte dann endlich 1950 wieder nach Hause. Er hatte meine Mutter nie vergessen und sie ihn auch nicht. Aus der Pennälerliebelei wurde Liebe.

Sie heiratete meinen Vater und wurde ziemlich schnell Mutter von drei Kindern. Offensichtlich bekamen Ehe und Familie ihr richtig gut, denn bald war sie wieder gertenschlank. Sie liebte es, für ihre Familie zu kochen. Damals, in den 50er Jahren, nannte man das, was sie kochte, die gutbürgerliche Küche. Freitags gab es immer Fisch, wir Kinder liebten gebratenen Rotbarsch mit Kartoffeln und Salat. Samstags gab es Suppe oder Dicke Bohnen (die wir hassten). Sonntags dann Braten oder ein Hähnchen (die Frage, wer nach Papa die zweite Keule bekam, führte zu ewigen Diskussionen unter uns Kindern). Montags gab es Reste oder etwas Einfaches wie zum Beispiel Spiegeleier mit Spinat. Und so ging es weiter in einem immer wiederkehrenden Rhythmus.
Es war eine heile Welt – von heute aus gesehen.
Mit ihrer Liebe zum Kochen machte sie alle glücklich – ihren Mann, ihre Kinder und eine ganze Menge Besucher.

Mein Vater leistete übrigens den wichtigsten Beitrag zur guten Küche meiner Mutter, den ein Mann damals überhaupt leisten konnte – er kam stets pünktlich zum Essen oder sagte rechtzeitig ab. Aus dem Grund bekamen wir Kinder nie verkochte Gerichte vorgesetzt und mussten nie mit knurrenden Mägen eine durch ihre Unbestimmtheit besonders quälend lange Zeit aushalten. Kinder werden ausserordendlich mies gelaunt, wenn sie hungrig sind.
Die Küche meiner Mutter
Vorspeisen, Suppen, Eintöpfe
Graupensuppe
Pichelsteiner
Salat
Einfache Salattunke
Endiviensalat
Heringsalat
Salat von grünen Bohnen
Gurkensalat
Kartoffelsalat
Hauptgerichte
Dicke Bohnen mit Speck
Eisbein auf Sauerkraut
Frikadellen
Hähnchen
Hausmachersülze
Hühnerfrikassee
Kalbsleber
Kasseler Rippspeer
Königsberger Klopse
Kohlroulade
Gefüllte Paprika
Pfannkuchen mit Schwarzwurzeln
Pfannkuchen mit Fleischfüllung
Rehrücken
Reibekuchen
Rinderbraten
Rinderrouladen
Schnippelbohnen
Schweinebraten mit Kruste
Spargel
Ei mit Spinat
Stielmus
Tafelspitz
Wildgulasch
Heilbutt
Kabeljau in Senfsauce
Rotbarsch
Beilagen
Blumenkohl
Junge Erbsen mit Möhren
Kohlrabi
Kartoffelpüree
Rosenkohl
Rotkohl
Wirsinggemüse
Nachtisch
Apfelkuchen
Griesspudding
Kirschmichel
Käsekuchen
Weincreme
Gebäck
Nussstangen
6 Gedanken zu “Die Küche meiner Mutter”