Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg, Preußen; † 12. Februar 1804 ebenda) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung. Kant zählt zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie. Sein Werk Kritik der reinen Vernunft kennzeichnet einen Wendepunkt in der Philosophiegeschichte und den Beginn der modernen Philosophie.
Mehr über Immanuel Kant bei Wikipedia
Im Hin und Her um die Frage, ob es die Dinge gibt oder nicht, kam Immanuel Kant auf eine geniale Idee.
Die Frage, so meinte er, kann nämlich gar nicht beantwortet werden.
Wir sehen auf unsere Weise und mit unseren Sinnen. Ob es die Dinge gibt und wie sie wirklich sind, wissen wir nicht.
Überhaupt nichts, was im Raume angeschaut wird, [ist] eine Sache an sich, noch [ist] der Raum eine Form der Dinge …, die ihnen etwa an sich selbst eigen wäre, sondern … unsere Gegenstände an sich [sind] gar nicht bekannt …, und, was wir äussere Gegenstände nennen, [ist] nichts anderes als blosse Vorstellungen unserer Sinnlichkeit …, deren Form der Raum ist, deren wahres Correlatum aber, d.i. das Ding an sich selbst, dadurch gar nicht erkannt wird, noch erkannt werden kann.
(S. 134)
Der Begriff eines Noumenon [d.h. der Begriff eines Dinges an sich] ist also bloss ein Grenzbegriff, um die Anmassung der Sinnlichkeit einzuschränken, und also nur von negativem Gebrauche.
(Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 310 – B 311)
Er glaubte, dass es jenseits der Erfahrung eine Bedingung der Möglichkeit geben muss, überhaupt zu sehen.
So, wenn ich von der Vorstellung eines Körpers das, was der Verstand davon denkt [z.B. Substanz, Kraft, Teilbarkeit] imgleichen, was davon zur Empfindung gehört [Undurchdringlichkeit, Härte, Farbe], absondere, so bleibt mir aus dieser empirischen Anschauung noch etwas übrig, nämlich Ausdehnung und Gestalt. Diese gehören zur reinen Anschauung, die a priori, auch ohne einen wirklichen Gegenstand der Sinne oder Empfindung, als eine blosse Form der Sinnlichkeit im Gemüte stattfindet.
(S. 128)
Diese apriorische Bedingung war für ihn der Raum. Wir können gar nicht anders sehen als räumlich.
Ich nenne alle Vorstellungen rein (im transzendentalen Verstande), in denen nichts, was zur Empfindung gehört, angetroffen wird. Demnach wird die reine Form sinnlicher Anschauung überhaupt im Gemüte a priori angetroffen werden … Diese reine Form der Sinnlichkeit wird auch selber reine Anschauung heissen.
(S. 128)
Der Raum ist eine notwendige Vorstellung, a priori, die allen äusseren Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann sich niemals eine Vorstellung davon machen, dass kein Raum sei, ob man sich gleich ganz wohl denken kann, dass keine Gegenstände darin angetroffen werden. Er wird also als die Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen, und nicht als eine von ihnen abhängende Bestimmung angesehen, und ist eine Vorstellung a priori, die notwendiger Weise äusseren Erscheinungen zum Grunde liegt
(S. 130)
Überlegung
- Doch dieses Fundament seines Gedankengebäudes war willkürlich gesetzt.
- Genauso gut wie der Raum könnte auch die Farbe (d. h. das Licht) vor jeder Erfahrung liegen.
Literatur
Bird, G., 1962. Kant’s Theory of Knowledge: An Outline of One Central Argument in the Critique of Pure Reason, London: Routledge & Kegan Paul.
Friedman, M., 2013. Kant’s Construction of Nature, Cambridge: Cambridge University Press.
Guyer, P., 1987. Kant and the Claims of Knowledge, Cambridge: Cambridge University Press.
Hatfield, Gary, 1991. The Natural and the Normative: Theories of Spatial Perception from Kant to Helmholtz, Cambridge: MIT-Press, besonders S. 67-108.
Kukla, R., (ed.), 2006. Aesthetics and Cognition in Kant’s Critical Philosophy, Cambridge: Cambridge University Press.
Majetschak, Stefan, 1989. „Welt als Begriff und Welt als Kunst. Zur Einschätzung der theoretischen Leistungsfähigkeit des Ästhetischen bei Kant und Konrad Fiedler“, in: Philosophisches Jahrbuch 96: 276-293.
Land, J.P.N., 1877. “Kant’s Space and Modern Mathematics,” Mind 2(5): 38–46.
Langton, R., 1998. Kantian Humility: Our Ignorance of Things in Themselves, Oxford: Clarendon Press.
Prauss, G., 1974. Kant und das Problem der Dinge an sich, Bonn: Bouvier.
Robinson, H., 1994. “Two Perspectives on Kant’s Appearances and Things in Themselves,” Journal of the History of Philosophy 32: 411–441.
Rohs, Peter, 1973. Transzendentale Ästhetik, Meisenheim a. Glan: Hain.
Rosenthal, Sandra B. und Bourgois, Patrick L., 1987. „Peirce, Merleau-Ponty and Perceptual Experience“, International Studies in Philosophy 19: 33-42.
Strawson, P., 1995. The Bounds of Sense: An Essay on Kant’s Critique of Pure Reason, London and New York: Routledge, besonders S. 47 – 71.
Strawson, Peter E, 1974. „Imagination and Perception“ (1970), in Freedom and Resentment and other Essays, Strawson, Peter E , London: Methuen, S. 45-65.
Textstellen zitiert nach: Wiesing, Lambert (Hg.), 2015. Philosophie der Wahrnehmung. Modelle und Reflexionen, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Soweit nicht anders angegeben beziehen sich alle Seitenangaben auf diese Ausgabe.
Biographische Information aus der deutschen Wikipedia.
Literatur aus Wiesing, 2015, sowie aus der Stanford Encyclopedia of Philosophy.