
Jaime I. (1208 – 1276), der spätere Eroberer von Mallorca, wurde im Jahr 1208 als Sohn König Peters II. von Aragon geboren. Schon im Alter von unter 20 Jahren hatte er sich die Befreiung der Balearen von der mohammedanischen Herrschaft zum Ziel gesetzt.
Zu aktuellen Auseinandersetzungen kam es immer wieder, weil Abu Yahiya, der maurische Herrscher der Insel, zuließ, dass seine Kapitäne regelmäßig spanische Handelsschiffe aufbrachten und ausraubten.
Nach einem besonders schweren Überfall schickte Jaime Gesandte und forderte Ersatz der Verluste. Der Emir behandelte die Boten schlecht und behauptete, einen König Jaime von Aragon kenne er gar nicht. Die Boten erinnerten ihn daran, dass Jaimes Vater es war, der einst eine große Armee der Mohammedaner bei Ubeda geschlagen hatte. Darüber erzürnte Abu Yahiya so sehr, dass die Gesandten die Insel nur mit viel Glück lebend verlassen konnten.

In den Jahren 1228 und 1229 hielt Jaime Versammlungen mit den führenden Männern seines Reiches in Barcelona, Lerida und Tarragona ab, um ihnen seinen Plan zur Eroberung der Balearen vorzustellen. Alle Versammelten stimmten begeistert zu. Am 1. September 1229 setzte eine Flotte aus 150 Schiffen mit 15.000 Infanteristen und 1.500 Reitern Segel mit Ziel Mallorca und verließ die Häfen von Cambrils, Salou und Tarragona.

Die Ereignisse um die Eroberung von Mallorca hat König Jaime I. in seinem Buch Llibre dels Feyts („Buch der Taten“) selbst beschrieben. Die folgende Schilderung stützt sich weitgehend auf seine Darstellung.
Überfahrt und Landung in Santa Ponza
Während der Überfahrt gerieten die Schiffe in einen schweren Sturm. Gegen den Rat seiner Kapitäne setzte der König die Expedition fort und erreichte am 2. September die Westküste Mallorcas. Nach und nach fand sich die Flotte ein und die Weiterfahrt nach Pollenza, dem eigentlich festgelegten Landungsort stand unmittelbar bevor, als erneut Sturm aufkam.
Jaime schwor in höchster Not im Namen der Heiligen Jungfrau Maria, ein Zehntel ihrer Beute für die Errichtung einer Kathedrale zu verwenden, wenn die Gottesmutter ihnen beistünde. Den ursprünglichen Plan einer Landung in Pollenza gab Jaime nun auf und entschied, mit dem Wind zur Insel Dragonera zu segeln und dort zu ankern. Seinen Schwur machte er übrigens später mit dem Bau der Kathedrale von Palma wahr. Die Flotte folgte seinem Schiff zu diesem Ankerplatz, der Palomera genannt wurde, und überstand den Sturm ohne Verluste. Er selbst ging am Freitag, dem 07. September auf der kleinen Insel Es Pantaleu, die vor dem Ort Sant Elm liegt, an Land, um die Lage zu erkunden.
Zu der Zeit hatten die Mauren aber die Spanier bereits entdeckt und sammelten sich mit einer großen Streitmacht. In der Nacht vom 11. September 1229 befahl Jaime, im Schutz der Nacht möglichst unbemerkt die Anker zu lichten und im Hafen von Santa Ponza an Land zu gehen, der von Nunó Sanchez (1185 – 1242) und Ramon de Montcada (1188 – 1229) ausgekundschaftet worden war. Obwohl der Aufbruch nicht unbemerkt blieb, erreichten die Katalanen vor den Mauren die Bucht und am nächsten Morgen bildete eine Vorhut unter Bernardo Ruy de Meya einen Brückenkopf. 700 Soldaten und etwa 100 Reiter waren bereits an Land und hatten den wichtigen Hügel Puig des Revell besetzt, als die Mauren mit ihrer Streitmacht eintrafen.
Die Heere standen sich gegenüber, aber bevor es zum ersten Zusammenstoß kam, griff Ramon de Montcada schon mit einer kleinen Gruppe von Gefolgsleuten das gegnerische Heer über einen der Flügel an. Die Mauren ergriffen panikartige Flucht und Montcadas Leute töteten bei der Verfolgung mehr als 1.500 von ihnen. Auch König Jaime persönlich griff in den Kampf ein und besiegte mit wenigen Rittern 300 Mauren, die einen Hügel besetzt hielten.
Mittlerweile waren etwa 300 spanische Ritter an der Punta de Sa Porrassa an Land gegangen und machten am Abend dieses Tages den Emir mit seinen Truppen auf einem der Hügel zwischen Portopi und Santa Ponza aus.
Die Schlacht von Portopi
Am 13. September marschierte die Streitmacht der Katalanen, nachdem die Männer eine Messe gehört und auf den Sieg eingeschworen worden waren, auf Portopi zu. Dabei entstand eine Unordnung im Aufmarsch, weil sich Guillem III. de Montcada (1194? – 1229) und Nunó Sanchez, der Graf von Roussillon, Vetter und engster Vertrauter Jaimes, nicht einigen konnten, wer die Nachhut bilden sollte (keiner wollte). Das führte dazu, dass zunächst eine Vorhut von 5.000 Soldaten orientierungslos und ohne Führung an Land herumirrte. Wie konfus die Invasion erfolgte siehst du schon daran, dass der König bei seinen Bemühungen, das Heer wieder zu ordnen, lediglich von einem Ritter begleitet wurde. Dieser saß aber nicht auf seinem Pferd, weil dieses noch nicht an Land war, sondern auf einem vor Ort requirierten Maultier.

Nachdem Guillem de Montcada vom König den Befehl über die Vorhut übernommen hatte, setzte er sich mit seinem Neffen Ramon de Montcada, Hugo von Ampurias und einigen weiteren Rittern voller Kampfeslust so weit vom Heer ab, dass Vorhut und Nachhut keinen Sichtkontakt mehr zueinander hatten.
Im hügligen, teilweise bewaldeten Gelände traf die Gruppe am Coll de Sa Batalla, der zwischen den Hügeln Puig d’en Saragossa und Puig de Sa Ginestra liegt, auf den Feind, der sich neu formiert hatte, und es entwickelte sich ein blutiges Scharmützel. Jaime, der hinten damit beschäftigt war, die Truppen zu ordnen, bemerkte, dass die Vorhut in ernsten Schwierigkeiten steckte. Er befahl Verstärkung herbei, die aber nicht rechtzeitig eintraf. Die Moncadas und ihre Ritter hatten gegen die Übermacht der Mauren keine Chance und wurden, der Legende nach in der Nähe des heutigen Ortes Palmanova, gnadenlos niedergemacht.

Wenig später traf dann die Verstärkung unter Nunó Sanchez auf den König, der befahl, unverzüglich eine Streitmacht von etwa 2.000 Mauren anzugreifen, die einen nahen Hügel, wahrscheinlich den Puig del Rei (195 m), besetzt hielt. Gisberto de Barbéra führte weitere Verstärkung heran und die königliche Standarte traf mit über 100 Rittern ein. Diese Kräfte lieferten den Mauren ein mehrstündiges Gefecht, bis diese schließlich die Flucht ergriffen.
Als Jaime erkannte, dass er der maurischen Hauptstreitmacht unter Abu Yahiya den Rückweg in die Stadt abschneiden konnte, marschierte er etwa eine Meile (eine alte spanische Meile = ca. 6.500 Meter) auf Palma zu und kam möglicherweise bis zum Puig Gros de Portals (140 m). In seinem Llibre dels Feyts berichtet er, dass er von Bischof Berenguer de Palou (? – 1241) eingeholt wurde, der ihn vom Tod der Montcadas informierte. Daraufhin gab der König seinen Plan auf und schlug an Ort und Stelle ein Lager auf.
Er berichtet, dass er auf den Hügel gestiegen sei und vor sich die Stadt gesehen habe. Zwischen dem Puig Gros de Portals und Palma gibt es tatsächlich keinen Hügel, der die Sicht versperren könnte. Danach nahm er mit Gefährten ein Mal zu sich. Möglicherweise fand dies in der Gegend von Bendinat statt, und tatsächlich liegt Bendinat (der Legende nach hat der Ort seinen Namen von Be hem dinat, auf mallorkinisch „Wir haben gut gegessen“) unmittelbar an diesem Hügel.
Später suchte der König den Ort auf, an dem die Montcadas gefallen waren. Da sie die angesehensten und wagemutigsten Heerführer der Expedition gewesen waren, hatte die Nachricht von ihrem Tod Trauer und Mutlosigkeit unter den Soldaten verbreitet. Während der Feierlichkeiten anlässlich ihrer vorläufigen Bestattung hielten der Bischof von Barcelona und der König am nächsten Tag Ansprachen, die die Männer wieder aufrichteten. Denn trotz des Verlustes hatten die Katalanen einen großen Sieg gegen die Mauren errungen, die sich danach nie wieder in einer offenen Feldschlacht stellten.
Die Belagerung von Palma
Nach der Beisetzung der Montcadas marschierte der König mit dem Heer vor die Stadt Palma, die damals Medina Mayurqa genannt und von etwa 35.000 Menschen bewohnt wurde.
In seinem Llibre dels Feyts geht Jaime I. nicht näher darauf ein, wohin er das Heer führte und wo er Lager aufschlagen ließ. Deshalb gibt es verschiedene Versionen über diese Ereignisse. Erzherzog Ludwig Salvator von Österreich schreibt in seinem 1897 erschienenen Buch Die Balearen, dass das Lager am Ort des späteren Zisterzienser-Klosters La Real genommen wurde. Dabei bezieht er sich möglicherweise auf das 1850 erschienene Buch Historia de la Conquista de Mallorca von José Quadrado.

Doch mehrere Gründe sprechen gegen dessen Theorie. So liegt das Koster La Real etwa 4 Kilometer von der damaligen Stadtmauer entfernt. In seinem Buch schreibt der König aber, dass das Lager an der städtischen Wasserversorgung Palmas lag, die von den Belagerern unterbrochen wurde und deren Wasser das katalanische Heer im trockenen Monat September selbst sehr gut gebrauchen konnte. Die Wasserversorgung der Stadt erfolgte damals über eine große Quelle, die Font de la Vila, die östlich von La Real an der Straße nach Valldemossa liegt, etwa im Gebiet zwischen der heutigen Universität und dem Ort S’Esgleieta. Den Anschluss an die Stadt gewährleistete ein Kanal, der entlang der Straße verläuft und teilweise abgedeckt, teilweise sogar eingemauert war.
Jaime berichtet, dass ein maurischer Fürst, den er Infantilla nennt, mit einer starken Streitmacht den Hügel Canet unmittelbar bei der Font de la Vila besetzte und den Christen das Wasser abgrub. Daraufhin schickte er seinen wichtigsten Führer, Nunó Sanchez, mit 100 Rittern aus, um die Quelle zurück zu erobern. Dies gelang, Infantilla wurde getötet und sein Kopf mit einer Steinschleuder in die Stadt befördert.
Nach dieser Beschreibung ist es sehr wahrscheinlich, dass das Heerlager des Königs weiter östlich als von Ludwig Salvator angenommen an der Straße nach Valldemossa lag.

Aus einer zeitgenössischen Chronik vom Ende des 13. Jahrhunderts, die von Bernat Desclot verfasst wurde, geht hervor, dass das Lager in einem befestigten Fort in den Gärten des Emirs gelegen habe. Er berichtet weiter, dass diese Gärten eine Ausdehnung von zwei Bogenschüssen gehabt hätten. Mit der Entfernungsangabe ist die Distanz gemeint, über die mit einer Ballesta („Armbrust“) geschossen werden konnte, was ungefähr 350 Metern entspricht. Aber wie weit war dieses Fort nun von der Stadt entfernt?

Die Mauren setzten zur Verteidigung mehrere große Steinschleudern ein, Trebuchets genannt. Diese warfen ihre Geschosse etwa 600 Meter weit. Eines dieser Trebuchets verfügte dem Bericht des Königs zufolge über eine noch weit größere Reichweite und bedrohte sogar das Heerlager. Wenn du den Darstellungen von Desclot und Jaime I. folgst, dann kannst du annehmen, dass sich das Lager in einer Entfernung von nicht mehr als 1.000 Metern nördlich vor der Stadt befand, möglicherweise irgendwo im heutigen Stadtteil Camp Redó.
Aus Jaimes Bericht ergibt sich auch, dass dort keineswegs das gesamte Heer lagerte, sondern vermutlich lediglich der König selbst mit seinen Rittern und deren Gefolge. Die einfachen Soldaten übernachteten wohl zeitweise auf den Schiffen, die vor der Stadt lagen, und kamen erst bei Morgengrauen an Land. Die übrigen Heerführer hatten mit ihren Rittern wahrscheinlich eigene Lager. Im Lager des Königs herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Boten eilten von der unmittelbaren Frontlinie herbei, um Anweisungen zu erhalten, die Mitglieder des königlichen Rates trafen ein, um die Lage zu besprechen. Jaime ritt mit seiner Begleitung vor die Stadtmauer, um sich persönlich vom Fortschritt der Pioniere in den Minen zu überzeugen.
Üblicherweise wurde zu damaliger Zeit eine Stadt in der Weise belagert, dass sie langsam ausgehungert wurde. Doch Jaime wollte in Palma einen schnellen Erfolg. Deshalb ließ er mehrere große Trebuchets bauen, dazu Belagerungstürme und sogenannte Mantletes, Konstruktionen, in deren Schutz seine Soldaten die Befestigungsanlagen unterminieren konnten.
Die Erstürmung der Stadt
Die Kämpfe zogen sich hin von Mitte September bis in den Dezember 1229. Obwohl die Katalanen deutlich überlegen waren und es ihnen auch gelang, mehrere Stadttürme zum Einsturz zu bringen, konnten sie doch nicht die entscheidende Bresche schlagen.

Die Verteidiger verloren mit zunehmender Dauer aber immer mehr ihren Mut und Abu Yahiya führte mehrere Verhandlungen mit Jaimes Vertrautem Nunó Sanchez. Er bot an, den Katalanen alle Kosten zu ersetzen, wenn diese nur wieder abzögen. Nachdem Don Nunó dies abgelehnt hatte, bot der Emir ein Lösegeld für jeden seiner Untertanen an, wenn die Katalanen ihnen Schiffe gäben, um nach Nordafrika überzusetzen. Mit diesem ungewöhnlichen Vorschlag kehrte Don Nunó zurück und der König rief eine Ratsversammlung ein. Einige, darunter auch Don Nunó waren geneigt, dem Angebot zuzustimmen, aber insbesondere die Mehrheit der militärischen Führer wollte Rache für ihre Helden Guillem und Ramon de Montcada. Der König sprach sich für das Angebot aus, aber die Opposition war so eindeutig, dass er sich dem Willen der Mehrheit seiner Ratgeber beugte: Medina Mayurqa musste genommen werden.

Mittlerweile war es Dezember geworden und so kalt, dass die Ritter in ihren Metallrüstungen nicht mehr in der Lage waren, Wache vor den Stadttoren zu halten. Die Belagerer entschieden sich für eine Stelle, auf die sie alle Kräfte konzentrieren wollten, um den Durchbruch in den nächsten Tagen zu erzwingen. Ziel war das Tor im Nordosten der Stadt, an dem der Wasserkanal in die Stadt führte, das später Puerta Pintada genannt wurde und das die Mauren Beb-el-Cofol nannten. Die Katalanen standen unter Druck, weil sich in der Tramuntana, dem im Nordwesten gelegenen bergigen Teil der Insel große Kräfte der Mauren sammelten und unklar war, ob und wann diese einen Entlastungsangriff wagen würden.
In den drei letzten Tagen unmittelbar vor der entscheidenden Attacke fand der König keinen Schlaf. Unermüdlich überprüfte er die Vorbereitungen, ritt zur Front, sprach mit seinen Männern. In der Nacht vor dem Sturm gelang es zwei Soldaten, durch eine der Minen in die Stadt einzudringen. Sie fanden die Mauern verlassen, die Straßen leer. Überall lagen Leichen. Einige Heerführer rieten zu einem sofortigen Angriff, aber der König lehnte ab, weil ihm das Unternehmen bei Nacht zu riskant erschien.

Am nächsten Tag bei Morgendämmerung marschierte die Armee vor der Puerta Pintura auf. In die Stadtmauer war an dieser Stelle eine große Bresche geschlagen worden, durch die zunächst Fußsoldaten eindrangen, gefolgt von Rittern. In der engen Straße hinter dem Tor, die heute Carrer de Sant Miquel heißt, konnten die Ritter anfangs nicht wirkungsvoll eingesetzt werden, weil Angreifer und Verteidiger zu dicht gedrängt standen. Nach einigem Hin und Her überrannten die Katalanen die Verteidiger aber und in der Stadt verbreitete sich Panik. Tausende flohen aus den Toren, die später Puerta del Campo und Puerta de Santa Catalina genannt wurden. Tausende wurden von den christlichen Eroberern niedergemacht, die entlang der Carrer de Sant Miquel weiter vordrangen in Richtung Amudaina, dem Königspalast, der eine Burg innerhalb der Stadt war.

Abu Yahiya hatte zu den letzten Männern gehört, die die Verteidigung der Puerta de Pintura aufgegeben hatten. Auf seiner Flucht war er nicht mehr bis zum Palast gekommen sondern hatte sich in einem der Herrschaftshäuser in der Oberstadt versteckt. Hier wurde er entdeckt und von Jaime persönlich in Arrest genommen. Kurze Zeit später gaben auch die letzten Verteidiger der Almudaina auf und lieferten den Katalanen einen der Söhne des Emirs als Geisel aus. Die Stadt war gefallen und damit die Insel, auch wenn es noch mehr als zwei Jahre dauerte, bis schließlich noch die letzten Widerstandsnester in den Bergen niedergeschlagen waren.
Dies alles geschah am 31. Dezember, dem letzten Tag des Jahres 1229.
Danke. Gut beschrieben.
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