Die Zeit veröffentlicht regelmäßig Rezepte, die zuvor auf Food-Blogs gepostet wurden. Offensichtlich kommt es dabei hauptsächlich auf coole Fotos an, nachgekocht werden die Gerichte wohl nicht.
Dabei ist dieses Abschreiben (von möglicherweise schon Abgeschriebenem) eine sichere Methode, nicht gut funktionierende Rezepte zu verbreiten. Schon bei manchen Kochbüchern drängt sich der Verdacht auf, dass diese nicht viel mehr sind als geschickte Remixes. Im Internet ist das alles natürlich noch viel leichter – Copy und Paste und gut is‘. Auf Rezepte gibt es kein Copyright, jeder schreibt von jedem ab.
Nehmen wir doch zum Beispiel dieses Rezept einer Quiche aus „Die Zeit“. Der aufmerksame Leser „GültigerBenutzername“ hat auf einen Übersetzungsfehler der Redakteurin Eva Biringer hingewiesen, der dazu führt, dass dem Leser die Verwendung von Blattsalat vorgeschrieben wird. Gemeint ist aber Blattgemüse, wie zum Beispiel Spinat. Ein sehr verdienstvoller Hinweis, wie ich finde, denn eine Blattsalat-Quiche sehe ich kritisch.
Das Internet wäre aber nicht das Internet, wenn nicht irgendwer auch an diesem nützlichen Hinweis etwas herumzumäkeln hätte:
Na gut.
Auch interessant sind die meisten übrigen Kommentare, die gar nicht auf das Rezept (oder die weiteren Rezepte) eingehen, sondern sich darüber streiten, ob der Titel „Picknick à la parisienne“ sprachlich ganz korrekt ist oder nicht. Ordentlichkeit und Gründlichkeit sind typisch deutsch, so sind wir eben, und das ist gut und lustig so. Vielleicht beweist das aber auch, was ich schon lange vermute, dass „Die Zeit“ überwiegend von Lehrern gelesen wird:
Jeder schreibt von jedem ab, das ist soweit ganz OK. Du kannst es auch so sehen, dass wir alle gemeinsam am großen Kochbuch unserer Zeit schreiben.
Aber ein Gebot gibt es doch: Du sollst ausschließlich solche Rezepte empfehlen, die du selbst schon gekocht hast. Im besten Fall nicht nur einmal, sondern mehrmals, denn erst mit der Zeit wird die Liste deiner Zutaten reif, erst mit der Zeit wird deine Beschreibung präzise und erst mit der Zeit weisst du genau, wo deine Leser leicht etwas missverstehen können. Unter dem Menupunkt „Rezepte>Leibspeisen“ findest du die Gerichte, die ich besonders häufig koche.
Eigentlich ist das Internet perfekt dafür. Du kannst verbessern und verbessern und verbessern. Es kostet dich Mühe aber kaum Geld. Diese Chance solltest du unbedingt nutzen.
Funktioniert denn nun das Rezept aus „Die Zeit“?
Wenn du Spinat nimmst, dann ja. Hier das ganze Rezept mit ein paar Verbesserungsvorschlägen:
Für den Teig:
250 g helles Weizenmehl
1 TL Salz
1 TL getrocknete Kräuter
60 ml Olivenöl
120 ml Wasser
Für die Füllung:
750 g frischer Spinat, die Blätter
3 Knoblauchzehen, fein gehackt
125 g Walnüsse, geröstet und karamellisiert mit 1 TL Honig
5 EL getrocknete Tomaten, fein gehackt
3 große Eier
60 ml Milch
60 g Creme fraiche
Muskatnuss, gerieben
Salz, Pfeffer
Spinat:
Wenn du denkst, Spinat ist Spinat, dann irrst du dich. Im Supermarkt bekommst du in der Regel etwas, das „Babyspinat“ genannt wird. Dabei handelt es sich um kleine, zarte, hellgrüne Blätter. Keine Ahnung was das sein soll, richtiger Spinat ist es jedenfalls nicht. Richtiger Spinat ist dunkelgrün und groß wie eine Hand. Der beste dieser Art kommt für mich aus Italien und du erkennst ihn daran, dass die Stengel rötlich sind. Der Unterschied zwischen Supermarktspinat und richtigem Spinat ist das Aroma. Und darauf kommt es am Ende an. Richtigen Spinat bekommst du auf dem Markt.
Verbesserungsvorschläge für den Teig:
Der Teig ist perfekt, gerade wegen der getrockneten Kräuter. Ich habe griechischen Thymian genommen, sicher geht auch Rosmarin oder eine Mischung aus beiden. Anis könnte einen Versuch wert sein, ist aber etwas gewagt.
Verbesserungsvorschläge für die Füllung:
Die Füllung ist zu laff, was einfach daran liegt, dass Salz und Pfeffer fehlen.
Tragende Idee dieses Rezeptes sind für mich die Walnüsse. Hier darfst du nicht an der Qualität sparen. Der Text sagt, dass sie geröstet sein sollen, geht aber nicht weiter darauf ein. Du könntest, wenn die Nüsse angeröstet sind, etwas Honig in die Pfanne geben, sie darin schwenken und mit einem Hauch Piment d’Espelette würzen.
Etwas Knoblauch, geriebene Muskatnuss und ein paar in Scheiben geschnittene Champignons könnten gut zum Spinat passen. Oder Feta-Würfel.
Bacalhau (Stockfisch) könnte ich mir vorstellen: 24 Stunden wässern, entgräten, in Milch köcheln, in kleine Stückchen zupfen und unter den Spinat mengen.
Im Rezept der Zeit wird Sahne vorgeschlagen. Die ersetzen wir durch Creme fraiche, die nach und nach zuerst mit Milch (viel weniger als im Zeit-Rezept) und dann mit den Eiern gut verquirlt wird. Die Creme fraiche, die du in Deutschland bekommst, ist meist ziemlich fest. Du bekommst damit nicht so eine homogene Masse hin, wie mit französischer Creme fraiche. Damit müssen wir leben, ist aber nicht schlimm.
Die getrockneten Tomaten nehmen Flüssigkeit auf und sorgen dafür, dass die Quiche nicht zu „nass“ wird.
Zubereitung:
Eine Tarteform mit 25 cm Durchmesser leicht einölen.
Für den Teig Mehl, Salz und getrocknete Kräuter mischen, dann Wasser und Olivenöl zugeben. Vermengen und dann auf einer bemehlten Arbeitsfläche mit den Händen zügig zu einem geschmeidigen Teig kneten. Mit einem Nudelholz kreisförmig ausrollen, in die vorbereitete Tarteform legen und andrücken. Teig für 30 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen, dann mit einer Gabel mehrmals einstechen, ein passend geschnittenes Stück Backpapier auf den Teigboden legen und bei 180° für 10 Minuten blindbacken.
In der Zwischenzeit den Spinat waschen und in einem großen Topf bei hoher Hitze dünsten, bis die Blätter zusammenfallen. Abkühlen lassen, auspressen und in eine Schale geben. Das Auspressen ist wichtig, sonst wird die Füllung zu nass.
Knoblauch mit etwas Öl in einer Pfanne auf mittlerer Hitze kurz andünsten, bis er duftet. Eier, Milch und Creme fraiche verquirlen und zusammen mit dem Knoblauch und den getrockneten Tomaten zum Spinat geben, mutig würzen mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss. Alles gut vermischen, dann die Walnüsse unterheben.
Tarteform befüllen. Die Hitze auf 160° reduzieren und 35 bis 45 Minuten auf mittlerer Schiene backen.
Vor dem Servieren 10 Minuten ruhen lassen. Dazu passt ein grüner Salat.
Übrigens eine letzte Sache:
Die Autorin empfiehlt, aus überschüssigem Teig Cracker zu backen. Meine talentierte Tochter hat das getan. Einfach den Teig neu ausrollen und in Stücke schneiden. Diese mit Anissaat bestreuen und in 25 Minuten bei 180° backen. Ein paar Minuten abkühlen lassen. Dazu passen zum Beispiel Sobrasada und etwas Honig
Genieß es einfach!