Treffen sich zwei Philosophen, nennen wir sie A und B.
Und A so: „Hey B, Gott existiert wirklich – ich habe den Beweis gefunden!“.
„Lass mal hören“, antwortet B mit berufsmäßiger Neugier.
„Nun, dazu müssen wir zunächst überlegen, wie wir Gott eigentlich beschreiben sollen. Du weißt, es sind da im Laufe der Zeit schon viele Vorschläge gemacht worden. Mein Vorschlag ist eine Regel: Was immer Gott auch ist, er ist in jedem Fall das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Was sagst du, kannst du dieser Regel zustimmen?“
„Hmm“, brummt B und runzelt die Stirn.
„OK, ich nehme das mal als ‚Ja‘. Vorausgesetzt die Regel gilt, dann muss Gott existieren, denn wenn wir uns einen Gott denken, der allmächtig, allwissend, ewig und alles andere in höchstem Maße ist, von dem wir aber annehmen, dass es ihm an der Existenz mangelt, dann ist etwas Größeres denkbar als der Gott, den wir gerade gedacht haben. Und wenn wir den Gott denken, den wir gerade gedacht haben, denken wir deshalb Gott gar nicht.“
B nimmt einen Zug aus seiner Pfeife, bläst einen fetten Rauchkringel über den Tisch und beide Philosophen sehen schweigend zu, wie der Kringel träge hin und her wabert und sich ganz langsam in Luft auflöst.
„Tut mir furchtbar leid, A, aber dein Beweis funktioniert nicht. Ich bedauere wirklich sehr, das sagen zu müssen, denn wie du leide auch ich darunter, dass wir in eine Welt geworfen sind voller Gewalt, Schmerz und Tod. In eine Welt ohne Sinn, in der alles Gute ständig vom Untergang bedroht ist. Ich wünschte, es gäbe einen Gott, und ich stimme dir zu, wir bräuchten ihn dringend. Aber es ist doch sehr nahe liegend, dass wir ihn uns selbst ausgedacht haben, um das, was gut ist, unsere Moral und unsere Ideale zu retten. Wie auch immer also die Beschreibung aussehen mag, die du nach deiner Regel bildest, sie muss jedenfalls stets auf etwas hinaus laufen, das nichts anderes ist als der König in meinem Satz ‚Der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig‘. Man kann den Satz zwar verstehen, aber er verweist auf nichts, da es keinen gegenwärtigen König von Frankreich gibt. Deshalb kann der Satz nicht wahr sein und deshalb kann auch kein Satz über Gott wahr sein, folglich auch nicht der, dass er existiert.“
„Mein lieber B, ich wusste, dass du das sagen würdest, schließlich habe ich deine Bücher gelesen. Aber bedenke, wir finden in unserer Natur eben nicht nur Gewalt, Leid und Tod, wir finden dort auch das Gute, die Ideale und die Moral, von denen du so sehnsuchtsvoll gesprochen hast. Und deshalb musst du dich irren, denn in dem Augenblick, in dem du Gott mit deinem König vergleichst, verletzt du bereits die Regel, denn dieser Gott ohne Verweis ist ja gar nicht das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann.“
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Ein Gedanke zu “Gott und die Welt – Der gegenwärtige König von Frankreich”