Als Ende des 19. Jahrhunderts die Reblaus nach Mallorca kam, vernichtete sie dort innerhalb von wenigen Jahren fast den gesamten Bestand an Rebstöcken. Insbesondere das traditionelle Anbaugebiet zwischen Estellencs und Valldemossa wurde hart getroffen. Der Weinanbau kam vollständig zum Erliegen.
In den 1980er Jahren setzten es sich einige unverbesserliche Idealisten aus Estellencs und Banyalbufar in den Kopf, die früher sehr berühmte Malvasía-Traube zu retten. Tatsächlich fanden sie vier alte, verwilderte Malvasía-Rebstöcke, die sie mit großem Aufwand und Hilfe der Universität von Barcelona rekultivierten. Ab 2002 konnte der erste Wein verkauft werden.
Hier findest du mehr Info zu mallorkinischen Weinen.
Der Malvasía zeichnet sich durch eine intensive gelbe Farbe und eine ganz dezent fruchtige Note aus. Er wird sowohl trocken als auch süß (dolç) ausgebaut und ist lange lagerfähig für einen Weisswein.
Die produzierte Menge ist so gering, dass der Malvasía überwiegend in der Gastronomie angeboten wird und wenig in den offenen Verkauf geht.
Einer der Verrückten, denen der Malvasía sein Überleben verdankt, ist Bartolomeu Isern aus Estellencs. Er betreibt neben seiner Bodega noch ein kleines Hotel und ist in dem Städtchen bekannt wie ein bunter Hund. Sein „Marketingfachmann“ ist ein etwa 10-jähriger Junge, der sich eines seiner Weinetiketten auf die Jacke geklebt hat.

Tomeu erreichst du am besten per Telefon, um eine Weinprobe zu vereinbaren. Der Verkaufsraum ist winzig und liegt etwas versteckt und ohne jedes Werbeschild im alten Teil von Estellencs. Geschäftliche Besprechungen hält Tomeu aber gerne auch in seinem „Büro“ ab, das aus einem Tisch in der Bar (oder dem Restaurant, keiner weiß es so genau) „Sa Tanca“ besteht und genau gegenüber von seinem Verkaufsraum liegt.
Wenn du dich mit Tomeu verabredest, trefft ihr euch vermutlich vor der Kirche und geht dann die paar Schritte bis zu seinem Laden. Hier probierst du zum Beispiel seinen Ambarí, einen ganz hervorragenden, goldenen Malvasía aus 2014. Du probierst den einen oder anderen Wein, kommst ins Gespräch und erfährst irgendwann, dass er noch etwa 80 Flaschen von einem alten Malvasía aus 2006 hat. Da die 0,375 l Flasche mit € 30,00 recht teuer ist (der Ambarí 0,7 l kostet dagegen bei ihm nur € 8,00), soll er doch nicht extra zum Probieren eine öffnen. Aber er besteht darauf, typisch mallorkinischer Mann „Wer ist hier im Laden der Boss?“. Dieser Wein ist wirklich einzigartig, reich an Aromen, vollmundig, vergleichbar mit einem guten Sauternes.
Nach einer ausführlichen Weinprobe hast du vielleicht ein wenig Appetit. Tomeu wird dir das „Sa Tanca“ empfehlen. Du stehst davor und wunderst dich, warum er dir ein Restaurant empfiehlt, das Spaghetti und Lasagne als Spezialität auf der Karte hat. Na gut, denkst du, gehst rein und bist plötzlich in einer mallorkinischen Bar mit reichlich Tapas in der Auslage. Auch so eine Geschäftsstrategie, die typisch mallorquin ist. Probiere mal die Chipirones (frittierte Minikalamares), Albóndigas (Fleischbällchen in Tomatensauce) oder das Frito Mallorquin. Alles gut und preiswert.
Estellencs ist ein sehr niedliches Dorf, das auch für sich einen Besuch wert ist. Nur die Cala kannst du dir sparen, denn die ist meist windig und nicht sehr malerisch.
Mit Tomeu nimmst du, wie gesagt, am besten telefonisch Kontakt auf unter +34 699721706. Er spricht ganz gut englisch. Seine Bodega ist winzig und kann nur nach Absprache besucht werden.
Sein kleines Hotel Sa Plana mit 12 Betten findest du ebenfalls in Estellencs.
In Deutschland kannst du Tomeus Weine übrigens über die Versender Fet a Soller (Flasche Ambarí von 2013 für € 14,95) oder beim Mallorkiner beziehen (für einen Ambarí von 2005 will er – das kann eigentlich nicht sein – € 10,00 haben).