Es geht um die helle Einbrenne oder Mehlschwitze. Uh! Mehlschwitze? Ist das nicht Omas Sauce, so schwer, so mehlig, so gar nicht zeitgemäß?
Tweets von @klaus_wrede
Also ok, die Einbrenne wird mit Mehl und Butter gemacht, aber sie hat deutlich weniger Kalorien als eine Sauce auf der Basis von Sahne oder Creme Fraiche.
Und wenn diese Sauce mehlig schmeckt, dann heisst das nur, dass du sie nicht richtig gekocht hast. So ist das!
Wie meistens beim Kochen machst du dann etwas falsch, wenn du ungeduldig bist und denkst, es muss doch schneller gehen. Dann wird das Mehl in die Butter gerührt, Flüssigkeit drauf, ein paar Mal durchgerührt und nach zehn Minuten ist die Sauce fertig. Machst du das so? Dann machst du es falsch.
In Wirklichkeit ist die Mehlschwitze eine der einfachsten und variantenreichsten Saucen, die Gemüse-, Fleisch- und Fischgerichte deutlich verbessert.
Butter und Mehl
Mehlschwitzen werden immer aus Butter, Mehl und Flüssigkeit gemacht. Aber schon bei den Verhältnissen dieser drei Zutaten beginnen die Unterschiede. Das Butter/Mehl-Verhältnis kann von 1:0,6 bis etwa 1:1,5 reichen. Einen Mehlanteil von unter 1:1 findest du meist bei Bechamélsaucen. In der modernen Küche liegt es eher bei 1:1, ich nehme meistens eines von 1:1,2.
Für eine Standardmenge (reichlich Sauce für 4 Portionen) nehme ich 50 g Butter, 60 g Mehl und etwa 800 ml Flüssigkeit.
Die Butter wird ausgelassen bis sie schäumt (was bedeutet, das ihr Wasseranteil verdunstet). Dabei musst du häufiger umrühren, denn sie soll keinesfalls braun werden.
In die erhitzte Butter siebst du nun das Mehl nach und nach ein und arbeitest es mit einem Spatel oder Schneebesten ein. Butter und Mehl sollen eine „innige“ Verbindung eingehen – sagt Maître Bocuse.
Die Herstellung dieser innigen Verbindung dauert 5 – 10 Minuten, in denen du die Masse ständig auf kleinerer Flamme durcharbeiten musst, denn sie soll ja nicht braun werden. Diese Zeit ist erforderlich, damit die im Mehl vorhandene Stärke aufgespalten wird. Das ist der erste Schritt zu einer Sauce, die nicht mehlig schmeckt.
Flüssigkeit
Für die oben genannte Butter- und Mehlmenge benötigst du, wie gesagt, knapp einen Liter Flüssigkeit. Wenn du diese Menge zum ersten Mal zugefügt hast, wirst du mich verfluchen, weil du eine dünne Suppe erhältst, die weit entfernt ist von einer Sauce.
Hier kommt das zweite Geheimnis einer guten Sauce ins Spiel: Du musst sie lange genug köcheln lassen, mindestens 30 Minuten. Dadurch verliert sie jeden Mehlgeschmack so vollkommen, dass du nicht glauben wirst, dass überhaupt Mehl drin ist.
Die Sauce wird also auf kleiner Flamme geköchelt. Du rührst häufig um, damit nichts anbrennt oder klumpt. Nach und nach wird deine Sauce immer cremiger, bis sie endlich die perfekte Konsistenz hat.
Wo wir von klumpig reden: Wie soll die Flüssigkeit sein, heiss oder kalt? Es geht beides, aber bei kalter Flüssigkeit musst du schneller und länger rühren. Mit einer Flüssigkeit, die heiss ist, aber nicht kocht, vermeidest du das Klumpen leichter.
Welche Flüssigkeit soll es denn sein?
Mit der Wahl der Flüssigkeit(en) legst du dich auf eine von zwei grundlegenden Varianten fest, die helle Grundsauce oder die Bechamélsauce.
Helle Grundsauce
Für die helle Grundsauce nimmst du zum Beispiel das Kochwasser von dem Gemüse, für das die Sauce gedacht ist oder eine Brühe, wie zum Beispiel die Hühnerbrühe in diesem Hühnerfrikassee.
Auch ein interessantes Dressing für Kartoffelsalat kannst du mit einer Hellen Grundsauce einfach herstellen.
Weitere Beispiele:
Königsberger Klopse
Weisse Bohnen mit mallorquinischer Wurst
Bechamélsauce
Verwendest du als Flüssigkeit aber Milch, dann bekommst du eine Bechamélsauce, sei es, dass die ganze Flüssigkeit aus Milch besteht, oder nur ein Teil. Wenn letzteres, dann wird die Milch mit Köchflüssigkeit, Brühe, Fond oder Wasser gemischt.
Paul Bocuse nimmt:
1 Liter Milch
60 g Kalbsfilet, das am Ende herausgenommen wird
50 g Butter
60 g Mehl
So mache ich es auch (aber ohne das Kalbsfilet und nur 800 ml Milch; für einen halben Liter Sauce nehme ich 30 g Butter, 35 g Mehl, 500 ml Milch oder ein Milchgemisch mit Wasser oder Brühe).
Arrigo Cipriani von Harry’s New York Bar in Venedig empfiehlt dagegen:
500 ml Milch
60 g Butter
35 g Mehl
Durch die Milch wird die Sauce seidig-glänzend und elegant.
Einige Beispiele:
Stielmus
Wirsinggemüse
Kohlrabi
Schwarzwurzelgemüse
Varianten der Bechamélsauce
Die folgenden Rezepte beziehen sich auf 1/2 l Sauce.
Gerade die Bechamélsauce eignet sich gut zum Variieren. Zum Beispiel kannst du mit einem oder zwei Löffeln Senf eine Senfsauce kochen, die gut zu Kabeljau passt.
Wenn du in die Bechamélsauce dagegen 3 Eigelbe und nach und nach 50 g kalte Butterflocken einrührst, dann bekommst du eine falsche Hollandaise, die gut zu Spargel oder zu Spinat mit Ei passt. Hitze reduzieren oder Topf vom Feuer ziehen, denn beim Einarbeiten von Eigelb und Butter darf die Sauce nicht mehr kochen.
Tafelspitz mit Meerrettichsauce ist ein Klassiker der bürgerlichen Küche. Auch diese Sauce für Hüftdeckelscheiben vom Kalb oder Rind basiert auf einer Bechamélsauce. Die fertige Sauce vom Herd ziehen und geriebenen Meerrettich einrühren (ich nehme ca. 150 g).
Mit 250 g Reblochon-Käse wiederum bekommst du eine Käsesauce, die sich hervorragend zum Überbacken eignet, so wie bei diesem Blumenkohlauflauf. Käse kleinschneiden und in die Sauce geben, wenn die Milch eingerührt ist.
Die wohl bekannteste Gratiniersauce ist die Sauce Mornay. Die fertige Bechamélsauce ziehst du vom Herd und rührst 2 Eigelb und 40 g geriebenen Parmesan hinein. Gut zum Überbacken von Gemüse.
Eine rustikale Bechamélsauce besteht darin, dass 30 g magerer, gekochter Schinken oder Speck klein gewürfelt am Ende kurz mit angeschwitzt wird und eine separat gedünste Zwiebel zugegeben wird, bevor die Milch dazu kommt.
Für eine österreichische Bechamélsauce wird die Butter ausgelassen, das Mehl eingesiebt und angeschwitzt. Vom Herd nehmen und erkalten lassen. In der Zeit Milch mit einer klein gewürfelten Zwiebel, 2 Gewürznelken, Salz, weissem Pfeffer und geriebener Muskatnuss aufkochen und abseihen. Mehlschwitze zugeben, aufkochen und dann fertig köcheln. Häufig umrühren. Durch ein Sieb passieren.
Die helle Einbrenne ist eine meiner Lieblingssaucen, weil sie einfach zu kochen und leicht zu variieren ist. Ich hoffe, du probierst sie mal aus. Ich bin sicher, du wirst sie mögen.